
ESG in der Immobilienbewertung
Pflichten v. Banken gemäß EBA-Leitlinie im Rahmen der ESG-Richtlinie
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA hat am 9. Januar 2025 die finalen Leitlinien zum Management von ESG-Risiken veröffentlicht. Die EBA-Richtlinien soll die Rolle von ESG in der Immobilienbewertung stärken und den Markt hin zu nachhaltigen Investments fördern. Eigentümer und Entwickler sollten proaktiv ESG-Maßnahmen ergreifen, um Wertverluste zu vermeiden und Finanzierungen zu sichern.
Diese Leitlinie tritt ab 11. Januar 2026 in Kraft und soll sicherstellen, dass ESG-Risiken in die langfristige Ausrichtung der Kreditvergabe und Immobilienbewertung integriert werden. Kleine und nicht-komplexe Kreditinstitute, sogenannte SNCIs, haben bis 2027 Zeit zur Umsetzung.
Die Vorgaben wirken sich auf die Belehnwertermittlung sowie der Kreditvergabe für Immobilien wie folgt aus
Belehnwert
- Immobilien, die ESG-Risiken (z. B. schlechte Energieeffizienz oder hohe Klimarisiken) aufweisen, können niedrigere Beleihungswerte (Belehnwerte) erhalten.
- Die Bewertung der Sicherheiten muss auch langfristige ESG-Risiken (10 Jahre plus) wie Klimawandel und künftige strengere Regulatorien bezüglich Umweltschutz berücksichtigen.
Kreditvergabe
- Banken müssen ESG-Faktoren in die Kreditwürdigkeitsprüfung einbeziehen.
- Kredite für nachhaltige Immobilien oder Projekte können bevorzugt werden, während Objekte mit schlechter ESG-Bilanz höhere Risikoaufschläge erfahren können.
- Finanzierungen von Immobilienprojekten, die den ESG-Kriterien entsprechen, könnten günstigere Bedingungen erhalten. (z.B. niedrigere Zinsen)
Zusätzlich fordern die aktuellen EBA-Leitlinien von 2025 die Betrachtung von Risiken in verschiedenen Zeithorizonten:
- Kurzfristig: Aktuelle ESG-Faktoren (z. B. Energieverbrauch).
- Mittelfristig: Anpassungsmaßnahmen (z. B. Modernisierungen).
- Langfristig: Potenzieller Wertverlust durch Klimawandel oder strengere Regulierungen.
Das bedeutet, dass nachhaltige Immobilien in der Theorie vom Markt stärker bevorzugt werden, während „brown Objects“ höhere Finanzierungskosten verursachen könnten und daher unattraktiv sein könnten.
In Österreich gibt es derzeit keine eigenständige gesetzliche Pflicht, die ausschließlich die Umsetzung der EBA-Leitlinien zu ESG-Risiken regelt. Allerdings sind Banken verpflichtet, ESG-Risiken in ihre Prozesse und Strategien zu integrieren, da diese Vorgaben in bestehende regulatorische Rahmenwerke eingebettet sind. Die FMA prüft die Einhaltung der EBA-Leitlinien im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit. Banken, die ESG-Risiken nicht adäquat berücksichtigen, könnten sanktioniert werden. Das bedeutet obwohl es keine eigenständige gesetzliche Pflicht speziell für die EBA-Leitlinien gibt, sind Banken durch die bestehende Gesetzgebung und regulatorische Aufsicht verpflichtet, ESG-Risiken zu berücksichtigen. Verstöße gegen die Leitlinien könnten wie schon erwähnt Sanktionen oder aufsichtsrechtliche Maßnahmen zur Folge haben.
Fazit
Die Einbindung der EBA-Leitlinie wird zu einer stärkeren Einbindung von ESG-Risiken in die Immobilienbewertung und Kreditvergabe führen. Banken und Immobiliengutachter müssen ESG-Faktoren wie Energieeffizienz, Klimarisiken und Nachhaltigkeit systematisch bewerten. Immobilien, die nicht ESG-konform sind, könnten langfristig Wertverluste erleiden und höhere Finanzierungskosten verursachen. Es empfiehlt sich, rechtzeitig in nachhaltige Maßnahmen zu investieren, um den Anforderungen gerecht zu werden.
Eine direkte gesetzliche Verpflichtung zur Abwertung von Immobilien aufgrund von ESG-Risiken gibt es derzeit weder auf EU-Ebene noch in Österreich. Dennoch ergibt sich in der Praxis eine indirekte Verpflichtung durch bestehende regulatorische Vorgaben und Marktdynamiken, die eine Anpassung der Immobilienbewertung an ESG-Risiken erforderlich machen können. Dies kann durch regulatorische Anforderungen (z.B. EBA-Leitlinien, BWG) oder Marktstandards (z. B. RICS, EU-Taxonomie) zu einer faktischen Abwertung führen, wenn Immobilien nicht den geforderten ESG-Kriterien entsprechen.
Es stellt sich die Frage ob nun Eigentümer mit gesetzlichen Verpflichtungen dazu gezwungen werden können oder ob der Markt entscheiden wird? Sind aktuell gesetzliche Verpflichtungen vorhanden?
Die Umsetzung erfolgt häufig über:
- Niedrigere Beleihungswerte (Belehnwerte),
- Höhere Risikoaufschläge (z. B. im Kapitalisierungszinssatz),
- Abschläge aufgrund von Sanierungsbedarf oder Marktunsicherheiten.
Konsequenz: Immobilien, die ESG-Anforderungen nicht erfüllen, könnten einen Wertverlust erleiden oder als riskanter eingestuft werden.
ESG und EBA-Leitlinien in der Immobilienbewertung
Derzeit gibt es noch keine vereinheitlichte Betrachtungsweise von ESG-Auswirkungen auf die Immobilienbewertung. Klar ist jedoch, dass im Kontext der Immobilienbewertung ESG-Aspekte zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die Integration von ESG-Risiken in die Bewertung kann auf verschiedenen Marktebene zu systematischen Verschiebungen führen. Einen ersten Versuch hinsichtlich Einordung des ESG-Themas in der Bewertung hat die Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) vorgenommen. Hier wurde eine ESG-Checkliste veröffentlicht, die Kennzahlen und Indikatoren aufführt, die bei der Immobilienbewertung berücksichtigt werden sollten. Diese Checkliste setzt einen konsistenten Satz aus Datenpunkten voraus, welcher jedoch bisher selten geliefert wird.
Die Berücksichtigung von ESG-Risiken, insbesondere bei der Bewertung und potenziellen Abwertung nicht nachhaltiger Immobilien, erfolgt in der Praxis auf unterschiedliche Weise. Eine zentrale Rolle spielen hierbei die Bewertungsmethoden (zumeist das Ertragswertverfahren), die spezifisch an ESG-Risiken angepasst werden. Der Kapitalisierungszinssatz ist hierbei ein wichtiges Instrument, um etwaige ESG-Risiken in der Immobilienbewertung zu berücksichtigen. Der Kapitalisierungszinssatz wird in Bewertungsverfahren genutzt, um zukünftige Erträge auf den aktuellen Zeitpunkt abzuzinsen. ESG-Risiken können den Kapitalisierungszinssatz auf verschiedene Weise beeinflussen:
- Höherer Risikoaufschlag: Immobilien mit schlechten ESG-Bewertungen (z. B. ineffiziente Energienutzung, hohes Überschwemmungsrisiko) werden als risikoreicher eingestuft. Ein höherer Kapitalisierungszinssatz führt zu niedrigeren Barwerten der zukünftigen Erträge und somit zu einer Abwertung der Immobilie.
- Unsicherheiten durch ESG-Compliance: Unsicherheiten, wie hohe Investitionskosten für notwendige Sanierungen oder künftige regulatorische Anforderungen, erhöhen den Zinssatz weiter.
Beispiel:
Eine schlecht gedämmte Immobilie, die zukünftig Sanierungskosten erfordert, erhält einen zusätzlichen Risikoaufschlag im Kapitalisierungszinssatz, wodurch der Marktwert sinkt.
Neben dem Kapitalisierungszinssatz gibt es weitere Ansätze, ESG-Risiken in die Immobilienbewertung im Sachwertverfahren einzubinden. Ein Beispiel hierfür sind Nachhaltigkeitsabschläge:
- Immobilien mit schlechter ESG-Bilanz (z. B. geringem Energieeffizienzstandard) erhalten pauschale Abschläge auf den Verkehrswert. Grundlage könnten Marktstudien sein, die zeigen, dass „brown-Assets“ künftig weniger attraktiv für Käufer oder Mieter sind.
- Immobilien mit höheren Betriebskosten (z. B. durch schlechte Energieeffizienz) werden abgewertet, da mit einem höheren Leerstandrisiko zu rechnen sein wird.
Fazit
Immobilien, die ESG-Anforderungen nicht erfüllen, könnten einen Wertverlust erleiden oder als riskanter eingestuft werden. Dies kann sinnvoll über den Kapitalisierungszinssatz berücksichtigt werden und in der Praxis zunehmend Anwendung finden da über eine Kapitalisierung auch langfristiger Risiken berechnet werden können.
Das bedeutet das durchaus negative Effekte auf nicht nachhaltige Immobilien durch zunehmend strengere regulatorische Anforderungen und steigende Energiekosten der Wert von Immobilien für Banken durch einen höheren Kapitalisierungszinssatz, niedrigere Beleihungswerte oder höhere Risikoprämien abgebildet werden könnten.
Hingegen erhalten ESG-konforme Immobilien mit guten ESG-Werten (z. B. niedriger Energieverbrauch, grüne Zertifizierungen) günstigere Kapitalisierungssätze, da sie als risikoärmer gelten und steigen dadurch im Wert.
Ausblick auf mögliche Verpflichtungen bis 2026
Ab 2026 werden Unternehmen in der EU verpflichtet sein, umfassende Nachhaltigkeitsberichte gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zu erstellen. Das neue Reporting nach CSRD zwingt Unternehmen, transparenter über ESG-Kriterien zu berichten. Die CSRD erweitert die Anforderungen an die ESG-Berichterstattung und betrifft Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern, einem Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro. Die Regelungen beinhalten auch die Offenlegung von Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) und zielen darauf ab, die Transparenz und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen zu erhöhen. Diese Regelung betrifft alle kapitalmarktorientierten Unternehmen, einschließlich der Immobilienbranche.
Ab 2026 wird es eine weiterhin nicht zwingende gesetzliche Verpflichtung geben, Immobilien aufgrund von ESG-Kriterien ab- oder aufzuwerten, allerdings werden ESG-Aspekte wie Energieeffizienz, CO₂-Emissionen und nachhaltige Bauweisen noch mehr in die Immobilienbewertung einfließen. Dies bedeutet, dass Immobilien, die weniger nachhaltig sind oder nicht den neuen Anforderungen entsprechen, potenziell an Marktwert verlieren könnten, was in der Praxis zu einer Abwertung führen kann. Sprich Immobilien die weniger nachhaltige Merkmale aufweisen werden tendenziell niedriger bewertet, ohne dass es eine direkte gesetzliche Abwertungsverpflichtung gibt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die CSRD die ESG-Berichterstattung zu einer Neubewertung von Immobilien führen könnte, insbesondere wenn diese nicht den geforderten Standards entsprechen. Es gibt jedoch keine direkte gesetzliche Verpflichtung zur Abwertung von Immobilien – vielmehr handelt es sich um eine Marktreaktion auf veränderte Anforderungen und Präferenzen.